Online-Repertorium Deutsche Antikenübersetzung 1501–1620

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Springe zu: ZieleVorarbeiten und zeitliche GrenzenDefinitionAufnahmeprinzipienLeistungen der DatenbankLiteratur

Ziele

Das „Online-Repertorium Deutsche Antikenübersetzung 1501–1620“, gefördert seit 2019 durch die DFG, versteht sich als philologisches Grundlagenprojekt, das die deutschen Antikenübersetzungen zwischen 1501 und 1620 (für die Rezeption der christlichen Antike ab 1450) umfassend erschließt. Eine ausreichend breite, leicht zugängliche und durchsuchbare empirische Basis, auf die sich sprach-, medien- oder kulturwissenschaftliche Forschungen in diesem für die frühneuzeitliche Übersetzungskultur so wichtigen Zeitraum stützen könnten, fehlt bislang, sie musste deshalb bisher jeweils zeit- und ggf. auch kostenintensiv für jedes einzelne Projekt neu erarbeitet werden. Ziel des Projekts ist die Erstellung eines Repertoriums, das erstmals sämtliche zwischen 1501 und 1620 entstandenen Textzeugen (Drucke und Handschriften) erfasst, die Übersetzungen von lateinischen und griechischen Werken der Antike und Spätantike (bis ca. 600 n. Chr.) in die deutsche Sprache überliefern. Für die Übersetzungen von Werken der christlichen Antike bietet das Repertorium für den erweiterten Zeitraum von 1450 bis 1620 sogar den ersten Überblick überhaupt. Dadurch wird die Übersetzung antiker Texte im deutschen Sprachraum für die Epochen des Humanismus und der Reformation, die den Ausgangspunkt der für die Frühe Neuzeit zentralen Kulturtechnik des Übersetzens bilden, erstmals in ihrer medialen Grundlage quantitativ exakt erfasst.

In der Datenbank sind sämtliche Textzeugen durchsuchbar. Ausführliche Inhaltsbeschreibungen erschließen zudem den Aufbau der häufig komplexen Drucke und Handschriften; Biogramme und Verzeichnisse der Forschungsliteratur zu allen namentlich fassbaren Übersetzern ermöglichen den Zugriff auf deren wissenschaftliche Erforschung. So entsteht eine digitale empirische Basis, auf die sich sprach-, medien- oder kulturwissenschaftliche bzw. -geschichtliche Forschungen in diesem für die frühneuzeitliche Übersetzungskultur zentralen Zeitraum stützen können.

Wichtigste Ergänzung der zweiten Förderphase (seit 2022) ist die Transkription sämtlicher Paratexte aus den Erstdrucken der in der Datenbank verzeichneten Übersetzungen. Hierunter sind einerseits (Widmungs-)Briefe, Vorreden, Geleitgedichte und Erläuterungen zu den Vorlagen zu verstehen, andererseits erschließende Beigaben wie Kommentare, Register und Indices. Diese Paratexte der Erstdrucke sowie in späteren Auflagen evtl. neu hinzukommende und deshalb zu transkribierende Paratexte, in denen die Übersetzer über ihre Tätigkeit Auskunft geben und von ihr Rechenschaft ablegen, sind die wichtigsten Quellen für eine Geschichte der Übersetzungstheorie und eine historische Semantik des Übersetzens, da auf dieser umfassenden empirischen Grundlage Hypothesen zur Theorie und Geschichte des frühneuzeitlichen Übersetzens sehr viel fundierter entwickelt werden können als auf den wenigen, immer wieder zitierten loci classici der bisherigen Forschung zur frühneuzeitlichen Übersetzungsliteratur.

Vorarbeiten und zeitliche Grenzen

ORDA16 kann sich dafür auf mehrere wichtige Vorarbeiten stützen. Für den Zeitraum von 1450 bis 1550 existiert eine gedruckte Bibliographie mit Anspruch auf Vollständigkeit (Worstbrock 1976), die Drucke und Handschriften gleichermaßen umfasst, die jedoch noch vor Entstehung der retrospektiven Nationalbibliographien (VD16 und VD17) erarbeitet wurde und überdies an einigen Stellen ergänzungs- und korrekturbedürftig ist. Für den Zeit­raum 1501 bis 1550 wird die gedruckte Bibliographie Worstbrocks daher in das Online-Repertorium integriert und, wo nötig, ergänzt oder korrigiert. Für die Jahre 1551 bis 1620, für die bislang noch keine Spezialbibliographie der Übersetzungen antiker Werke ins Deutsche existiert, wird sie fortgeführt. Abweichend von Worstbrocks Konzept werden allerdings Übersetzungen von Werken der christlichen Antike, die er komplett ausgeschlossen hatte, systematisch integriert. Für den Zeitraum von 1450 bis 1500 existiert mit dem Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus (MRFH) eine 2012 komplettierte Datenbank. Dem Problem, einerseits eine Verdoppelung der im MRFH bereits geleisteten Arbeit zu vermeiden, anderseits aber auch neuen Forschungsergebnissen Rechnung tragen zu können, begegnet das ORDA16 mit der Unterscheidung eines engeren und eines weiteren Untersuchungszeitraums. Für den Zeitraum von 1450 bis 1500 wird das MRFH sowohl durch die grundständige Aufnahme und Erschließung von Werken der christlichen Antike als auch um ca. 63 weitere Übersetzungen ergänzt, die vom MRFH nicht berücksichtigt wurden, weil sie nach damaligem Forschungsstand nicht als humanistisch galten. Für den engeren Zeitraum ab 1501 wird hingegen Vollständigkeit angestrebt. Als untere zeitliche Grenze wird das Jahr 1620 gewählt, das bereits für die Verfasserlexika zur Frühen Neuzeit (VL16 und VL17) als Scheidemarke diente und in der deutschen Literaturgeschichte als Epochengrenze zwischen Späthumanismus und Barock gelten kann.

Auch durch die Klassischen Philologie haben die frühneuzeitlichen Antikenübersetzungen Aufmerksamkeit erfahren (z. B. Walde/Egger [Hgg.] 2010). Da die entsprechenden Nachschlagewerke aber stets nur eine Auswahl von Autoren und Werken umfassen, können sie wichtige Zusammenfassungen bieten, eine vollständige Bibliographie der deutschen Antikenübersetzungen jedoch nicht ersetzen.

Definition

Als Kriterium für die Aufnahme in das Online-Repertorium dient eine Definition von ,Übersetzung‘, die wir im Anschluss an das vergleichbare Projekt RCC, das sämtliche Übersetzungen erfasst, die auf den britischen Inseln gedruckt wurden oder in englischer Sprache gedruckt erschienen, entwickelt haben. Für die Aufnahme als Text­zeu­ge einer Übersetzung eines antiken Werks in die deutsche Sprache gelten folgende Kriterien:

  • Der Textzeuge identifiziert sich selbst als Übersetzung eines antiken Werks, durch Nen­nung eines antiken Autors oder/bzw. Werktitels im Titel, Incipit, Kolophon oder an einer anderen Stelle.

ODER

  • Der Textzeuge wird durch bestehende Bibliographien als Übersetzung eines antiken Werks identifiziert.

ODER

  • Der Textzeuge wird von den Projektleitern und -bearbeitern als Übersetzung eines anti­ken Werks identifiziert.

UND

  • Der Textzeuge bietet eine Übersetzung in eine Variante der deutschen Sprache.

 

Aufnahmeprinzipien

Angestrebt wird die Erfassung sämtlicher – handschriftlicher und gedruckt – vorliegender Text­zeugen von deutschsprachigen Antikenübersetzungen. Für die im Druck vorliegenden Texte steht die jeweilige Auflage als Textzeuge; die in den bisherigen Repertorien aufgeführten Exemplare werden aufgenommen, ggf. mit Verlinkung auf Digitalisate. Eine zeitaufwendige Ermittlung sämtlicher in Bibliotheken oder in Privatbesitz erhaltener Exemplare ist jedoch aus pragmatischen Gründen vorerst nicht vorgesehen.

Leistungen der Datenbank // suchbare Größen

Dabei werden folgende Daten erfasst und sind über die Datenbank-Abfrage suchbar:

  • Autoren (der Vorlagen)
  • Werke (Drucke und Handschriften)
  • Übersetzer (falls genannt)
  • vollständige Transkription des Titels
  • Ausgabebezeichnung
  • Druckort
  • Druckerverleger bzw. Drucker und Verleger
  • Entstehungsjahr
  • Umfang des Drucks
  • Bogenkollation
  • Widmungsempfänger, Beiträger und weitere im Druck beteiligte Personen

Aufgenommen in die bibliographischen Datensätze werden zudem

  • Inhaltsverzeichnisse der Textzeugen (Widmungsbriefe, Vorreden, Register, Abschnit­te/Bücher des übersetzten Werks)
  • Verlinkungen auf VD16 und VD17
  • Aufnahme der im VD16/VD17 erfassten Exemplare in Bibliotheken des deutschen Sprachbereichs
  • Verlinkungen zu bestehenden Digitalisaten von Drucken und Handschriften (VD 16 digi­tal; USTC; etc.)

Über die spezifische Suchfunktion hinaus werden auch Gesamtüberblicke über die jeweiligen Datenbestände angeboten:

Gesamtüberblick Handschriften
Gesamtüberblick Drucke
Gesamtüberblick Antike Autoren
Gesamtüberblick Übersetzer
Gesamtüberblick weibliche Personen

Durch die systematische Aufnahme prosopographischer Daten (Übersetzer, Drucker, Widmungsempfänger und weitere Beteiligte) können Übersetzungsnetzwerke identifiziert und analysiert werden. Angestrebt wird dabei eine Erschließung von Beständen, die nicht durch eine reine bibliographische Erfassung (VD16/VD17) oder Bereitstellung von Drucken (VD16 digital) bereits geleistet ist; diese wird vielmehr im Hinblick auf die Frage nach den Übersetzungen antiker Autoren in die deutsche Sprache zumindest für den Zeitraum zwischen 1551 und 1620 erstmals geleistet. Für die namentlichen bekannten Übersetzer werden zusätzlich ein Biogramm und ein Verzeich­nis der Forschungsliteratur aufgeführt.

Eine Anleitung zur Benutzung der Suchmaske von ORDA16 finden Sie hier.

 

Literatur

MRFH = Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus, URL: www.mrfh.de.

RCC = The Renaissance Cultural Crossroads Catalogue, URL: www.dhi.ac.uk/rcc/

USTC = Universal Short Title Catalogue, URL: www.ustc.ac.uk/

VD16 = Das Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts, URL: www.vd16.de.

VD17 = Das Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts, URL: www.vd17.de.

VL16 = Kühlmann, Wilhelm u.a. (Hgg.): Frühe Neuzeit in Deutschland 1520–1620. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon, 6 Bde., Berlin, Boston 2011–2017.

VL17 = Arend, Stefanie u.a. (Hgg): Frühe Neuzeit in Deutschland 1620–1720. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon, bisher 3 Bde., Berlin 2019–2021.

Walde, Christine, Brigitte Egger [u. a.] (Hgg.): Die Rezeption der antiken Literatur: Kulturhistorisches Werklexikon (Der Neue Pauly Supplemente 7), Stuttgart 2010.

Worstbrock, Franz Josef: Deutsche Antikerezeption 1450–1550. Teil 1: Verzeichnis der deutschen Übersetzungen antiker Autoren. Mit einer Bibliographie der Übersetzer, Boppard 1976.